Einige Bemerkungen zur Rasse
H.M. Durand, the Irish Wolfhound Club Yearbook, 1926
Häufig werde ich von Leuten, die Irish Wolfhounds nicht kennen gefragt: "Aber wozu benutzen Sie diese Hunde? Heute gibt es in England keine Wölfe mehr!" Stimmt natürlich, wir haben keine Wölfe, aber während der Vormarsch der Zivilisation die Wölfe und anderen wilden Tiere aus England verdrängt hat, hat er auch unsere Lebensbedingungen verändert. Statt uns hinter dicken Stadtmauern verstecken zu müssen und aus Furcht vor wilden Tieren und Raubrittern nur in Gruppen zu reisen, können wir heutzutage frei durch das Land streifen und unseren Wohnort nach der Schönheit der Gegend wählen, ohne zuerst den Schutz vor Angriffen betrachten zu müssen. Aber genau diese Umstände geben auch Dieben, Landstreichern und Bettlern eine viel grössere Freiheit als früher, und gegen die Aufmerksamkeit dieser Herren ist der Hund meiner Meinung nach der beste und sicherste Schutz.
Ich selbst habe im Laufe der Zeit viele verschiedene Hunde gehalten und denke dass der Irish Wolfhound sowohl als Freund und Begleiter als auch als Wachhund eine besondere Stellung einnimmt. Er ist gross und beeindruckend, und der Instinkt, diejenigen, die er liebt unter Einsatz seines Lebens zu schützen wurde ihm über Hunderte von Generationen angezüchtet. Gleichzeitig ist er aber kein streitsüchtiger Hund und wird andere Hunde und auch Menschen nur nach schwerer Provokation angreifen; gleichzeitig ist er auch gegenüber Kindern besonders sanft und zuverlässig. Er ist ein aktiver und robuster Hund: Während des Krieges in Frankreich hatte ich einen bei mir, der mit meinem Regiment marschierte, und obschon er natürlich das Schlafzimmer mit seinem Vater teilte, falls ich eines hatte, kann ich mich auch an viele Nächte erinnern, die er in Schlamm und Schnee bei den Pferdestellungen verbrachte.
Es ist ein Fahler, zu glauben, dass ein Wolfhound viel Bewegung braucht - natürlich kann er bei entsprechendem Training lange Distanzen bewältigen, aber er gedeiht besser mit normalen Spaziergängen auf dem Land, und gerade beim Spazieren entlang der Wege zu Hause schätzt man einen zuverlässigen Freund, der einen schon allein durch seine Erscheinung vor Belästigungen durch Bettler und Landstreicher schützt und der einen trotzdem nicht in Streitereien mit den Nachbarn verwickelt, indem er ihre Hunde, Katzen, Hühner etc. jagt.
Ich lebe nahe an einer Landstrasse, die im Sommer sehr viele Landstreicher benutzen, und der Vorbesitzer meines Hauses erzählte mir, dass jeden Tag mindestens zwei oder drei dieser Herren ins Haus kamen, um um irgend etwas zu bitten - seit ich aber die Wolfhounds habe, ist kein einziger Landstreicher durch das Tor gekommen, während Handwerker und Geschäftsfreunde noch nie belästigt wurden und sich auch nie über die Hunde beklagt haben.
Während des Krieges, als wir noch in Gloucestershire lebten, kam einmal ein Landstreicher zu unserem Haus. Ich nehme an, dass er wußte, dass lediglich drei Frauen im Haus waren - also öffnete er rasch die Tür zum Wintergarten und kam herein. In der nächsten Sekunde traf ihn etwas Grosses und Schweres am Brustkorb, und er landete auf seinem Rücken am Boden. Dort blieb er dann sehr ruhig liegen, denn wenn er auch nur blinzelte ertönte ein sehr unangenehmes Knurren in der Gegend seines Kinns. Die Dame des Hauses hatte ein Geräusch gehört und kam nachsehen - sie fand unsere vierjährige Wolfhound-Hündin, Mistress Biddy, über dem am Boden liegenden Mann. Sie war etwa anderthalb Meter gross, während der Mann ein kräftig gebauter Kerl mit sehr blumigem Vokabular war, was er dann auch von der anderen Seite des Zaunes aus bewies. Aber kein Kirchgänger ging jemals nüchterner oder stiller als er es tat, als Sie ihm sagte: "Stehen Sie auf, sprechen Sie nicht, gehen Sie langsam zum Tor und schliessen Sie es hinter sich!"
Ich muss allerdings zugeben, dass ich einmal fast einen Freund wegen meines Wolfhounds verloren habe. Inzwischen ist er ein hoher Beamter mit Rolls-Royce, Frau und erwachsenen Kindern, aber die Geschichte spielt vor Jahren, noch vor dem Grossen Krieg, als wir junge Offiziere in Adlershot waren. Mein Freund, ich und mein Irish Wolfhound teilten uns zwei Zimmer am oberen Ende einer langen Steintreppe. Während einer leider sehr kalten Nacht war mein Freund in London essen gewesen, hatte leider den letzten Zug zurück verpasst und musste in den frühen Morgenstunden auf einem Milchkarren zurückfahren. Er kam im Morgengrauen in der Kaserne an und ging zur Treppe. Rücksichtsvoll wie er war, zog er unten seine Schuhe aus und schlich geräuschlos die Treppe herauf, um uns nicht zu wecken. Am oberen Ende blieb er dann stehen, bis meine Ordonnanz den Morgentee brachte: Mein Wolfhound sass drei Stufen über ihm und war freundlich, aber hart: Niemand betrat das Haus seines Vaters mit Socken, und wenn es einer Versuchte, so blieb er stehen, bis sein Vater sich die Sache ansehen kam.
Auch wenn ich schon sagte, dass zuviel Bewegung - z.B. mit Pferden - nicht gut für Wolfhounds ist, muss ich gestehen, dass ich früher oft zwei oder drei genommen habe und mit Pony und Jagdflinte stundenlang über die Felder geritten bin. Es ist ein schöner Anblick, wenn die Hunde die Spur eines Rehbocks aufnehmen, ihn über mehr als eine halbe Meile im Galopp verfolgen und schliesslich auf offenes Feld scheuchen. Ich kenne wenige Hunderassen, die schnell genug sind, um diese Aufgabe zu erfüllen.
Seit zweitausend Jahren sind die Treue des Wolfhounds zu seinem Herrn und seine Fähigkeiten als Jäger sprichwörtlich. Diese Eigenschaften sind heute noch so stark in ihm wie zur Zeit der Caesaren, als der Kaiser Wolfhounds den staunenden Römern in der Arena präsentierte.
H. M. DURAND.
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Update: 13 Jan 2007
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